Datenschutzgrundverordnung jetzt in Kraft – das klingt für Abmahnratten ungefähr so wie: Das Buffet ist eröffnet!
»Die DSGVO überzieht zahllose Menschen mit einem bürokratischen Irrsinn und treibt diejenigen, die das vermeiden wollen, zu den großen Plattformen, die sich unter dem Deckmantel der „Einwilligung“ dann allerlei erlauben können.« Enno Park
Worum es geht II (Sascha Lobo).
Worum es geht III (Marina Weisband)
»Es ändert sich doch gar nicht so viel.« (Winfried Veil)
Es gibt selbstredend auch glühende Verfechter der DSGVO – im grünen Lager -, die es aber mit der Redlichkeit nicht so genau nehmen. Ich empfehle dringend, auch die Entgegnung von Sascha Lobo auf die schnöseligen Belehrungen Albrechts[1]Ja, genau, das ist der, der gestern in dieser epochalen, hammerharten Anhörung den Facebook-CEO Zuckerberg auf die Knie gezwungen und zum Heulen gebracht hat. zu lesen [2]unten bei den Kommentaren. Sehr erhellend.
Ich denke, es haben die wenigsten, die im Netz in irgendeiner Form mit Blogs, Fotoseiten und Foren unterwegs sind, bisher begriffen, was da auf sie zurollt. Ich auch viel zu spät. Die Große Allgemeine Verunsicherung hat noch gar nicht richtig begonnen.
»Sowohl in der Datenschutzdebatte als auch bei Themen wie z.B. derNetzneutralität (in der US-Debatte) wird der private/halb-private/freie Teil des Webs nicht mitgedacht. Dabei ist es das Kostbarste, das das Internet der Öffentlichkeit mitgegeben hat. Gleichzeitig ist es auch das Fragilste.« Marcel Weiß [3]Die DSGVO und das freie Web
Ich wage zu behaupten, dass die Befürworter der DSGVO in ihrer jetzigen Form[4]Das Monstrum im Original. Viel Spaß beim Lesen; sind ja bloß an die 90 Seiten: Verordnung (EU) 2016⁄679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher … Weiterlesen …) noch einen gewaltigen Shitstorm vor sich haben, wenn die Erkenntnis erst einmal in die Fläche gesickert ist, was da praktisch unterschiedslos über jeden Netzakteur, auch den kleinsten, drübergekübelt wird.
Datenschutz ist gut und wichtig. Aber hier wird mal wieder das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.
Bald wird das Netz so aussehen.
Ich stelle mir dann immer vor, wie die Damen vom DRK-Ortsverein Hohenfelde zwischen Blutspenden und Yogakursen verzweifelt versuchen, sich aus zig einander teilweise diametral widersprechenden Quellen im Netz ein Bild über das Verlangte zu machen und die DSGVO umzusetzen, ohne abgemahnt und verklagt werden zu können.
Die haben zwar eine »Datenschutzerklärung nach DSVGO« auf ihrer Seite, aber noch nicht mal gemerkt, dass sie einen vermeintlichen Twitter-Link setzen, der tatsächlich aber für »Choosing a Barons Creek Vineyard as an Outdoor Venue« wirbt. Und dann lauert da noch so eine Granate dieser Güte…
Oder der Ortsverband der Grünen in der nahegelegenen lippischen Stadt Lage, der wacker für E‑Mobilität, Windkraft und gegen den Klimawandel kämpft, aber den Datenschutz im Sinne der DSGVO, die auch ihnen ihre eigenen Brüsseler Parteifreunde eingebrockt haben und auch noch stolz drauf sind, völlig links liegen lässt.
Da gibt es weder eine konforme Datenschutzerklärung, noch ein valides Impressum, noch ein Verarbeitungsverzeichnis, noch wird das Recht am eigenen Bild DSGVO-konform beachtet. Und dann auch noch böse Youtube-Links. Na, da lacht doch das Abmahnanwaltsherz.
Oder ich denke an die Sportvereine, deren Übungsleiter nach dem »Augustdorfer Urteil« eh schon stets mit einem Bein im Kittchen stehen. Die sollen sich jetzt auch noch dem juristischen Risiko in Sachen Datenschutz à la DSGVO aussetzen? Nicht im Ernst, oder?
Tja, das ist die real existierende Datenschutzmentalität hierzulande 2018.
Und da soll die DSGVO für mehr Datenschutz sorgen?
Tatsächlich wird es so sein, dass die wirklich schlimmen Finger weitermachen wie bisher und im Windschatten von DSGVO auch noch weitere Schweinereien durchziehen. Andere, die kleinen Krauter, werden versuchen, die Verordnung bestmöglich umzusetzen, und hoffen, damit durchzukommen. Wieder andere werden pfeifend durch den Wald laufen und wie bisher gar nichts machen. Viele weitere jedoch werden Aufwand und Risiko scheuen und ihren »Laden« entnervt dichtmachen. Dazu werde ich wohl auch gehören.
Wie freie und offene dezentrale Alternativen zu Facebook & Co – also etwa Diaspora, Friendica, Hubzilla oder Mastodon – DSGVO-Denke umsetzen sollen, ist völlig unklar. Im Zweifel krepieren sie an dieser grünen Kopfgeburt.
So wird, was als Schutz der Nutzer gedacht war, das Netz in seiner Gesamtheit ärmer machen. Viel Wissen, Meinung, Kreativität, Community, Engagement und Hilfe wird einfach so verschwinden. Und den Schweinepriestern bei Google, Facebook, WhatsApp, Twitter und Instagram werden neue Opfer zugetrieben, weil die sonst nicht wissen wohin. Tolle Wurst.
»Nicht nur das freie, halbprivat durchmischte Web steht allein da: Wenn es hart auf hart kommt, also um Datenschutz geht, hat auch das dezentrale Web keine Unterstützung von den Internetaktivisten in Deutschland zu erwarten.« Marcel Weiß
Hier wird letztendlich das absterben oder zumindest schwer Schaden nehmen, was das Netz überhaupt noch an nicht-kommerziellen, uneigennützigen Angeboten machen kann.
Schöner Erfolg. Heißen Dank an die Vorschrifts‑, Verbots- und Gängelpartei.
Übrigens: Es hat schon angefangen.
Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte.
Anmerkungen
↑1 | Ja, genau, das ist der, der gestern in dieser epochalen, hammerharten Anhörung den Facebook-CEO Zuckerberg auf die Knie gezwungen und zum Heulen gebracht hat. |
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↑2 | unten bei den Kommentaren |
↑3 | Die DSGVO und das freie Web |
↑4 | Das Monstrum im Original. Viel Spaß beim Lesen; sind ja bloß an die 90 Seiten: Verordnung (EU) 2016⁄679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (Text von Bedeutung für den EWR |