Wenn der Fallout aus dem Osten heranzieht

Als ich ges­tern die Augen öff­ne­te, fiel mir als ers­tes auf, wie still es war. Unge­wöhn­lich still. Bedrü­ckend still. Dann änder­te sich das. Ein Geräusch, das sich beweg­te. Offen­bar auf der nahen Stra­ße. Kein Moto­ren­ge­räusch. Etwas ande­res. Ich brauch­te eine Wei­le, bis ich es ein­ge­ord­net hat­te. »War das etwa gera­de ein Laut­spre­cher­wa­gen?« frag­te ich mich. Und mit einem Schlag war ich hellwach.

Ein Laut­spre­cher­wa­gen, der die Bevöl­ke­rung zu irgend­was auf­ruft? Ich hat­te nicht ver­stan­den, was genau die Durch­sa­ge war. Der Wagen war inzwi­schen woan­ders unter­wegs. Irgend­wo hin­ter mir, jen­seits des Waldes.

Jetzt ist es pas­siert, dach­te ich. Der Krieg hat die ulti­ma­ti­ve Eska­la­ti­ons­stu­fe erreicht. Die radio­ak­ti­ve Wol­ke ist da. Oder auf dem Weg. Bil­der im Kopf von vor 36 Jah­ren. Tscher­no­byl. Kin­der, die nicht raus dür­fen. Obst, das man nicht essen darf. 

Als ich mich aus dem Bett geschwun­gen hat­te und ange­zo­gen war, habe ich die Haus­tür geöff­net, weil ich hör­te, dass der Wagen sich wie­der näher­te. Dann sah ich den roten Sprin­ter der Feu­er­wehr. Und hör­te die Durch­sa­ge erst­mals rich­tig. Und war erleich­tert. Obwohl das irgend­wie merk­wür­dig war.

Es ging um einen Groß­brand ganz in der Nähe. 1.28 Kilo­me­ter ent­fernt. In einem Elek­tro­be­trieb, bei dem in der Nacht Schad­stof­fe, dar­un­ter Asbest, frei­ge­wor­den waren. Ich ertapp­te mich bei dem Gedan­ken: »Nur ein Feu­er, zum Glück.«

Aber auch das war schlimm genug, für den Betrieb und vor allem für die umit­tel­ba­ren Anwohner.

Wir hat­ten Ost­wind. Der brach­te uns den Fallout.

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