Scharfer Protest beim Landesverband Lippe

Jörg Düning-Gast (Bril­le, schwar­zer Man­tel) und (r. dane­ben) Arne Brand (SPD) vor den Geg­nern von rie­si­gen Wind­kraft­an­la­gen in lip­pi­schen Wäl­dern. (Video: Akti­ons­grup­pe Leopoldstal)

Beim Lan­des­ver­band Lip­pe am Bra­ker Schloss in Lem­go haben Ver­tre­ter der Stadt Horn-Bad Mein­berg und von Initia­ti­ven gegen Wind­kraft im Wald heu­te Unter­schrif­ten und Peti­tio­nen über­ge­ben. Und die Vize­bür­ger­meis­te­rin der Stadt Stel­la Jun­ger-Schwen­ner ver­las eine Pro­test­no­te. Danach tag­te die Ver­bands­ver­samm­lung unter ande­rem zum Haushalt.

Arroganz der Macht

Ver­bands­vor­ste­her Jörg Düning-Gast (CDU) ver­sprach eine sorg­sa­me Prü­fung und beton­te, dass sol­che Akte bür­ger­li­chen Enga­ge­ments wich­tig für die Demo­kra­tie sei­en.[1]Wie das dann in der Rea­li­tät aus­sieht, hat er erst neu­lich unter Beweis gestellt. Er rück­te aber auch kei­nen Mil­li­me­ter von den Pla­nun­gen ab und begrün­de­te dies dem WDR gegen­über – unwi­der­spro­chen, ohne jede Nach­fra­ge – mit der Not­wen­dig­keit der Ener­gie­wen­de, die anders »nicht zu schaf­fen« sei.

Und wenn die »Wind­rä­der« nach Jahr­zehn­ten abge­schrie­ben wären, wür­de sie auch wie­der ent­fernt und der Wald sei­ner eigent­li­chen Bestim­mung zurück­ge­ge­ben. Das sehe die »Über­gangs­tech­no­lo­gie« so vor.

Für ihn ist das bes­ten­falls ein opti­sches Pro­blem in der Land­schaft. Aber eigent­lich nicht mal das. So viel Unsinn und (vor­ge­täusch­te) Ahnungs­lo­sig­keit auf einem Hau­fen ist schwer zu ertragen.

Zudem sprach er von »emo­tio­na­len Grün­den« der Pro­jekt­geg­ner. Allein die­se her­ab­las­sen­de Ein­ord­nung zeigt vor allem eines: Der Mann hat nichts ver­stan­den, gar nichts. Arro­ganz der Macht.

Über­ga­be und Pro­test am Bra­ker Schloss. (Foto: Jür­gen Hornung)

Jun­ger-Schwen­ner for­der­te im Namen aller Rats­frak­tio­nen die »sofor­ti­ge Ein­stel­lung aller Pla­nun­gen von Wind­ener­gie­an­la­gen im Teu­to­bur­ger Wald und die Aner­ken­nung des Regionalplans«.

Nach ihren Wor­ten kon­ter­ka­rier­ten die Pla­nun­gen in Egge und Teu­to­bur­ger Wald:

1. die bestehen­de und rechts­gül­ti­ge Regio­nal­pla­nung.
2. die zeit­nah in Kraft tre­ten­de Teil­pla­nung Wind des Regio­nal­plans.
3. die gesetz­lich ver­an­ker­te, kom­mu­na­le Gestal­tungs­ho­heit
4. die par­tei­über­grei­fen­de und ein­stim­mi­ge Ableh­nung Horn-Bad Mein­bergs.
5. die tou­ris­ti­sche Aus­rich­tung Horn-Bad Mein­bergs.
6. die typi­sche lip­pi­sche Wald- und Struk­tur­land­schaft, die Teil des kul­tu­rel­len Erbes aller Lip­pe­rin­nen und Lip­per ist. So heißt es im Steck­brief des Bun­des­amt für Natur­schutz zum Egge­ge­bir­ge: „Land­schaft mit hoher Bedeu­tung für das natür­li­che und kul­tu­rel­le Erbe als Natur­na­he Kul­tur­land­schaft ohne wesent­li­che Prä­gung durch tech­ni­sche Infra­struk­tur“.
7. den drin­gend benö­tig­ten Schutz der Flä­chen von höchs­tem öko­lo­gi­schem Wert. Die Flä­chen gehö­ren zum ein­zi­gen allein in Nord­rhein-West­fa­len lie­gen­den „Hot­spot für Bio­lo­gi­sche Viel­falt“ (Bun­des­amt für Natur­schutz) und sind auch im Regio­nal­plan als Flä­chen zum Schutz der Natur aus­ge­zeich­net.
8. den Flä­chen­schutz als Was­ser­schutz­ge­biet.
9. die lan­des- und bun­des­po­li­ti­schen Zie­le zum Aus­bau von Wind­ener­gie, die die­se »Lücken­pla­nung« und den »unkon­trol­lier­ten Aus­bau von Wind­ener­gie« aus­drück­lich als NICHT GEWOLLT bezeichnen.

»Lückenplanung« ausdrücklich nicht gewollt

Zudem wider­sprä­chen die Pro­jek­te auch den Lip­pi­schen Punk­ta­tio­nen, an die sich der Lan­des­ver­band hal­ten müs­se.[2]In der Prä­am­bel des Geset­zes über die Ver­ei­ni­gung des Lan­des Lip­pe mit dem Land Nord­rhein-West­fa­len wur­de auf die Punk­ta­tio­nen Bezug genom­men. Im Dezem­ber 2009 bekräf­tig­te Minis­ter­prä­si­dent … Wei­ter­le­sen … Dar­in hei­ße es:

  • »Er ori­en­tiert sich bei sei­nem Han­deln am Gemein­wohl in Lippe.«
  • »Als größ­ter Eigen­tü­mer land- und forst­wirt­schaft­li­cher Flä­chen und der Gewäs­ser trägt er wesent­lich zum Erhalt der typisch lip­pi­schen Land­schaft bei.«
  • »Er sichert mit sei­nem nach­hal­ti­gen und natur­na­hen Wirt­schaf­ten die natür­li­chen Lebens­grund­la­gen und för­dert ein attrak­ti­ves Lebensumfeld.«

Eben­falls wur­den den Offi­zi­el­len des Lan­des­ver­ban­des cir­ca 5.000 Kom­men­ta­re (267 Sei­ten) von Unter­zeich­nern der Peti­ti­on über­reicht, die (Stand jetzt) von 10.300 Men­schen unter­schrie­ben wur­de. Sie läuft noch mehr als fünf Monate.

Gegen­wind auch im Saal. (Foto: Jür­gen Hornung)

Anmer­kun­gen

Anmer­kun­gen
1 Wie das dann in der Rea­li­tät aus­sieht, hat er erst neu­lich unter Beweis gestellt.
2 In der Prä­am­bel des Geset­zes über die Ver­ei­ni­gung des Lan­des Lip­pe mit dem Land Nord­rhein-West­fa­len wur­de auf die Punk­ta­tio­nen Bezug genom­men. Im Dezem­ber 2009 bekräf­tig­te Minis­ter­prä­si­dent Jür­gen Rütt­gers die Gül­tig­keit der Lip­pi­schen Punktationen.

1 Kommentar

  • Scha­de, dass der WDR-Bei­trag das eigent­li­che Pro­blem nicht ein­mal am Ran­de streift:
    Raum­pla­nung gehört in die öffent­li­che Hand – nicht in die von Inves­to­ren und Groß­grund­be­sit­zern. Ins­be­son­de­re auch in Bezug auf die Stand­or­te von Windenergieanlagen.
    Hier­für wur­de von der Bezirks­kon­fe­renz in nicht gekannt detail­lier­ter Fein­ab­stim­mung gemein­sam mit den Krei­sen und Kom­mu­nen der Regio­nal­plan OWL erar­bei­tet – ein ganz her­vor­ra­gen­des Werk, das die regio­na­le Raum­pla­nung in allen Belan­gen auf eine his­to­risch nicht gekann­te Stu­fe stellt.
    Es ist nicht akzep­ta­bel, dass durch ein kla­res Ver­sa­gen der Poli­tik auf Lan­des- und Bun­des­ebe­ne nun auf­grund eines Urteils des OVG Müns­ter in NRW für weni­ge Mona­te ein ver­meint­lich „rechts­frei­er Raum“ ent­stan­den ist, der Groß­grund­be­sit­zern im Ver­bund mit Pro­jek­tie­rer­bü­ros und Inves­to­ren nun in Bezug auf die Errich­tung von Wind­kraft­an­la­gen qua­si stand­ort­un­ab­hän­gig den frei­en Durch­marsch sichert.
    Gera­de der LVL, aber genau­so das ehe­ma­li­ge Fürs­ten­haus Lip­pe, soll­ten sich auf ihre geschichts­träch­ti­ge kon­ser­va­to­ri­sche Agen­da besin­nen, das Erbe Lip­pes und das ein­zig­ar­ti­ge öko­lo­gi­sche Tafel­sil­ber die­ser Regi­on für die nächs­ten Gene­ra­tio­nen ange­mes­sen zu erhalten.
    In Bezug auf die öko­lo­gi­schen und forst­wirt­schaft­li­chen Erkennt­nis­se min­des­tens der letz­ten 40 Jah­re hat das von Sei­ten die­ser bei­den lip­pi­schen Groß­grund­be­sit­zer nun lei­der nicht so gut geklappt:
    Durch den jahr­zehn­te­lang ver­ab­säum­ten Wald­um­bau sind nun qua­si alle Mono­kul­tur-Fich­ten­be­stän­de abgestorben.
    „Wald“ als Geld­druck­ma­schi­ne in Bewirt­schaf­tung auf maxi­ma­len Ertrag hat noch nie funk­tio­niert – und ist mit dem weit­läu­fi­gen Abster­ben die­ser ein­stu­fi­gen Mono­kul­tur-Plan­ta­gen­flä­chen hof­fent­lich auch end­lich in den Köp­fen gescheitert.
    Und gera­de die hier nun betrof­fe­nen Flä­chen sind die wert­volls­ten, die wir haben: ein in NRW und dar­über hin­aus ein­zig­ar­ti­ger Biotopverbund.
    Jetzt haben wir das Fiasko.
    Und um die finan­zi­el­len Ver­lus­te aus­zu­glei­chen, möch­ten LVL und das ehe­ma­li­ge Fürs­ten­haus nun unter Umge­hung der gesetz­li­chen Raum­pla­nung einen Rie­sen-Wind­park mit 33 XXL-Anla­gen im Kern­be­reich und abso­lu­ten Herz­stücks des Natur­parks Teu­to­bur­ger Wald/Eggegebirge errichten.
    Im offe­nen Wider­spruch zur Raum­pla­nung der öffent­li­chen Hand – und gegen den erklär­ten Wil­len von Kreis und Kommunen.
    Die bei­den „pri­va­ten“ Wald-Groß­grund­be­sit­zer LVL und ehe­ma­li­ges Fürs­ten­haus, soll­ten sich drin­gend auf die Ver­ant­wor­tung für ihr gene­ra­tio­nen­über­grei­fen­des Erbe besin­nen – und ent­spre­chend in vor­ders­ter Rei­he schüt­zend vor den Regio­nal­plan OWL stel­len – anstatt die­sen und ihr eige­nes Erbe unter Aus­nut­zung eines ver­meint­lich ent­stan­de­nen juris­ti­schen Schlupf­lochs nun selbst der­art zu konterkarieren!
    Viel­leicht ist es an der Zeit, die Flä­chen die­ser bei­den, jeweils his­to­risch ent­stan­de­nen Groß­grund-Wald­be­sit­zer end­lich zu ver­ge­sell­schaf­ten – und unse­re über­re­gio­nal so geschätz­ten Wäl­der end­lich in Obhut und Ver­wal­tung der öffent­li­chen Hand zu bringen.

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