Von Kühen, Hasen und Bären

Sieht aus wie Spar­gel­an­bau, ist aber lip­pi­scher Wald. (Foto: Peter Allroggen)

In der lau­fen­den Debat­te um Wind­kraft­an­la­gen im Wald könn­te es schon bald ein böses Erwa­chen für alle Kri­ti­ker geben. Die gän­gi­ge The­se, dass das Wind­kar­tell eine Lücke zwi­schen dem alten und dem in eini­gen Mona­ten kom­men­den Regio­nal­plan aus­nutzt und sich mit dem neu­en Plan alle schwer kri­ti­sier­ten Pro­jek­te erle­di­gen wer­den, ist offen­bar falsch. Und die Zeit wird knapp.

Dar­aus folgt: Das enga­gier­te Gestram­pel der Geg­ner in der Regi­on ist weit­ge­hend nutz­los. Damit auch alle fein­zi­se­lier­ten Papie­re, alle wort­rei­chen Beschwer­den. Nicht ein­mal die schwarz-grü­ne Lan­des­re­gie­rung um Hen­drik Wüst (CDU) und Mona Neu­baur (Grü­ne), die dem Land die­sen zer­stö­re­ri­schen Schwach­sinn ein­ge­brockt hat, könn­te das behe­ben – selbst wenn sie woll­te. Der Schlüs­sel liegt in Ber­lin beim Gesetz­ge­ber – also der Reste-Ampel.

Nach ganz aktu­el­len Infor­ma­tio­nen des Pivit
ist eine Eini­gung in Ber­lin erzielt worden

Aus die­sem Grund ist der Vor­ste­her des Lan­des­ver­ban­des Lip­pe Jörg Düning-Gast ange­sichts des Pro­tests auch immer noch recht gelas­sen und bin­det dem WDR zum Bei­spiel kalt­lä­chelnd einen Bären nach dem ande­ren auf, die deren Mit­ar­bei­ten­de dann brav nach Bie­le­feld schleppen.

Ob es dazu kommt, die Steue­rung über den Wind­kraft-Aus­bau wie­der­zu­er­lan­gen, die der kom­mu­na­len Fami­lie bewusst von Schwarz-Grün in Düs­sel­dorf aus der Hand geschla­gen wur­de, wird sich wohl in der Bun­des­tags­sit­zungs­wo­che von Mon­tag an zei­gen. Dann steht eine Geset­zes­in­itia­ti­ve der CDU zur Debat­te, an der maß­geb­lich der Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te Chris­ti­an Haa­se (Höx­ter) mit­ge­strickt hat. Damit soll die Rechts­la­ge so geän­dert wer­den, dass das Wind­kar­tell nicht mehr so leich­tes Spiel hat.

Gefrag­ter Forst­ex­per­te: Mat­thi­as Rei­che, hier beim Wald­fo­rum der Ver­ein­ten Natio­nen. (Foto: Reiche)

Trügerische Hoffnung

Es gilt das Prin­zip Hoff­nung, denn bis­her ste­hen nach Infor­ma­tio­nen des Pivit vor allem die Sozi­al­de­mo­kra­ten auf der Brem­se, weil sie auf einem (sach­frem­den) Deal mit ihren Ver­hand­lungs­part­nern bestehen, die mut­maß­lich den nächs­ten Bun­des­kanz­ler stel­len wer­den. Auch in Düs­sel­dorf wol­len sich die Sozis nicht bewe­gen. Was in der Regi­on gar nicht gut ankommt.

Die Kuh, die es vom Eis zu schaf­fen gilt, ist in einem Text beim Lan­des­ver­band Erneu­er­ba­re Ener­gien (LEE) NRW tref­fend beschrie­ben wor­den.

Nach Anga­ben von Geg­nern der umstrit­te­nen Pro­jek­te – Sil­ber­bach­tal, Egge, Gau­se­kö­te, Hor­nol­den­dorf – liegt der Hase unter ande­rem in einem Urteil des OVG Müns­ter im Pfef­fer. Dar­auf beru­fen sich die Befür­wor­ter von Wind­kraft im Wald trotz aller schla­gen­den Argu­men­te, war­um das eine ganz schlech­te Idee ist. Die auch mit Kli­ma­schutz nichts zu tun hat, son­dern ledig­lich mit Profitinteressen.

Kein überragendes Interesse

So sagt Mat­thi­as Rei­che, Forst­wirt aus Pader­born, im Gespräch mit dem Pivit zu den Zie­len der Geset­zes­än­de­rung: »Die wich­tigs­te geplan­te Ände­rung ist der Ver­such, eine Ent­pri­vi­le­gie­rung außer­halb der beplan­ten Vor­rang­flä­chen zu errei­chen, wenn das Flä­chen­ziel von 1,8, Pro­zent erreicht ist. [1]Vor­ga­be der NRW-Lan­des­re­gie­rung Denn dann besteht kein über­ra­gen­des öffent­li­ches Inter­es­se mehr am Aus­bau der Wind­ener­gie an Land.«[2]Das Wind­ener­gie­flä­chen­be­darfs­ge­setz vom 20. Juli 2022 (BGBl. I S. 1353), das zuletzt durch Arti­kel 12 des Geset­zes vom 8. Mai 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 151) geän­dert wor­den ist, wird wie folgt … Wei­ter­le­sen …

Rei­che geht davon aus: »Genau gegen die­se wich­tigs­te Neu­re­ge­lung lau­fen aber nach mei­nen Infor­ma­tio­nen beson­ders die Grü­nen und Tei­le der SPD Sturm. Wir dür­fen daher sehr gespannt sein, ob es der CDU nächs­te Woche doch noch gelingt, eine Mehr­heit für ihren Vor­schlag bei der Ampel zu finden.«

Eigent­lich, so meint der Sozi­al­de­mo­krat, kön­ne man sich den gan­zen Auf­wand mit der Peti­ti­on gegen die WKA im Wald spa­ren – »denn sie wen­det sich ja nur gegen die Wir­kung, nicht gegen die Ursa­chen. Die Peti­ti­on müss­te sich statt­des­sen gegen die herr­schen­de Rechts­la­ge wenden.«

Rei­ches Hin­wei­se sind kei­nes­wegs destruk­tiv gemeint, son­dern als War­nung zu ver­ste­hen, sich nicht auf den Regio­nal­plan zu ver­las­sen, wie das ein­zel­ne Akti­vis­ten aus Lip­pe mit Hin­ga­be immer wie­der tun.

Berlin bestimmt und basta!

Denn: »Das OVG ver­tritt tat­säch­lich die Rechts­auf­fas­sung, dass der Regio­nal­plan OWL/ergänzender Teil­plan Wind­ener­gie allein die Auf­ga­be hat, aus­rei­chen­den Raum (1,8 Pro­zent) für Wind­kraft zur Ver­fü­gung zu stel­len. Für den rest­li­chen Raum gilt wei­ter­hin die Pri­vi­le­gie­rung nach Bun­des­bau­ge­setz. Das bedeu­tet, dass der Teil­plan Wind­ener­gie des RP kei­ne Aus­schluss­wir­kung für die nicht im Teil­plan dar­ge­stell­ten Flä­chen etwa in den Wäl­dern des Teu­to hat.«

Das sei zwar ein Ein­zel­ur­teil, gilt aber ver­mut­lich – dank der wind­kraft­freund­li­chen Recht­spre­chung in Müns­ter – ana­log auch für den Bereich Regio­nal­plan Det­mold, mahnt Rei­che: »Mit ande­ren Wor­ten: Der Regio­nal­plan kann kei­ne ord­nen­de Wir­kung für die Land­schaft ent­fal­ten! Der Regie­rungs­prä­si­dent kann sei­nen WK-Plan also in den Ofen ste­cken. Das ist der eigent­li­che Skan­dal in der Sache. Die Regi­on hat nichts zu sagen. Ber­lin, also die Ampel, bestimmt, wo gebaut wird und bas­ta. Und da Bun­des­recht Lan­des­recht bricht, haben auch Minis­ter­prä­si­dent Wüst oder die Abge­ord­ne­ten Goe­ken oder Hop­pe-Bier­mey­er kei­ner­lei Einfluss.«

Das Fazit des renom­mier­ten Forst­ex­per­ten aus Pader­born ist nicht zu bestrei­ten: »So jeden­falls nimmt man die Men­schen in der Regi­on nicht mit. Wenn ich den Brief von Kars­ten Otte[3]Spre­cher der Bezirks­kon­fe­renz Natur­schutz an den Bun­des­tag[4]Brand­brief an den Bun­des­tag rich­tig ver­ste­he, ist aber im Bun­des­bau- und Pla­nungs­recht eher eine Ver­fes­ti­gung die­ser Rechts­la­ge geplant. Dann brau­chen wir uns hier in der Regi­on über­haupt nicht mehr abzu­stram­peln. Dann kann jeder da bau­en, wo er will, außer viel­leicht in FFH-Gebie­ten und Nationalparks.«

Anmer­kun­gen

Anmer­kun­gen
1 Vor­ga­be der NRW-Landesregierung
2 Das Wind­ener­gie­flä­chen­be­darfs­ge­setz vom 20. Juli 2022 (BGBl. I S. 1353), das zuletzt durch Arti­kel 12 des Geset­zes vom 8. Mai 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 151) geän­dert wor­den ist, wird wie folgt geän­dert: 1) §1 Absatz 2 wird fol­gen­der Satz 2 angefügt:„Werden die Flä­chen­zie­le nach Maß­ga­be von §3 Absät­ze 1 und 2 erreicht, so ist dem über­ra­gen­den öffent­li­chen Inter­es­se am Aus­bau der Wind­ener­gie an Land nach §2 EEG 2023 inso­weit Rech­nung getragen.“
3 Spre­cher der Bezirks­kon­fe­renz Naturschutz
4 Brand­brief an den Bundestag

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