Hätte nie gedacht, mal echtes Interesse an Bautzen zu entwickeln. Dass das nicht früher passierte, liegt sicher nicht an der ostsächsischen Stadt im Sorbenland, mit der ich offen gesagt nicht viel anderes verband als den Knast, sondern eindeutig eher an meiner Ignoranz. Das geändert zu haben, ist das Verdienst einer bemerkenswerten vom ZDF produzierten Reihe auf Arte.
Die zehn Teile kann man sich gut ansehen, wenn man sich auch nur ein bisschen für das Lokale an sich und die Lokalpolitik im Besonderen interessiert. Kann sein, dass manche das Thema und Format langweilig finden. Ich finde es gerade spannend.
Es kommen die verschiedensten Bewohner Bautzens zu Wort. Nicht nur die üblichen Verdächtigen, die dann ihre PR-Blasen absondern, sondern viele ganz normale Leute und solche, die versuchen, das nicht immer unproblematische Zusammenleben über politisches Engagement zu verbessern: die Stadtratskandidatin, die alleinerziehende Mutter, ein Abiturient, die Sozialarbeiterin, der Medienschaffende, der Künstler aus Frankreich, der Lokaljournalist, die Flüchtlingsfrau, der Stadtführer …
Was die zehnteilige Doku-Serie so außergewöhnlich macht: Sie kommt ganz ohne Kommentar aus. Allein das ist in Zeiten des moralinsauren deutschen Erziehungs-TV eine mutige, aber lohnende Entscheidung.
Anne-Sophie Jakubetz und Mathias von der Heide haben journalistische Kärrnerarbeit geleistet – gesammelt, sortiert und aufbereitet, wieder gesammelt, wieder sortiert und aufbereitet. Und nochmal und nochmal. Ganz sicher eine Mordsarbeit.
Was dabei herausgekommen ist, darf der Zuschauer – oder muss man jetzt Zuschauende sagen? – selber bedenken und bewerten. Als mündiger Mensch.
Schön, dass es das noch gibt.