Manchmal ist es gar nicht so leicht, zu entscheiden, was mehr nervt – schlechte Corona-Politik oder schlechte Kommentare über schlechte Corona-Politik. Die Tage las ich im sich selbst als führend verstehenden regionalen Käseblatt etwas aus der Feder eines stv. Chefredakteurs, was in die letztgenannte Kategorie fällt. [1]Normalerweise bleibt mir der Quark erspart, aber nun war das E‑Paper wegen wetterbedingter Vertriebsprobleme für umme und ich habe reingeschaut. Ich hätt’s lassen sollen …
Und so begann der pulitzerpreisverdächtige Besinnungsaufsatz.
Wie so oft im Leben gibt es mindestens zwei Zugriffe und Sichtweisen auf ein und dasselbe Problem.
Ja, ach.
Die entscheidende Frage ist immer: Welcher Zugriff ist der bessere.
Aha. Grandiose Erkenntnis. Die Goldene Binse ist ihm sicher. Ich meine zudem, dass eine Frage stets mit einem – bingo! – Fragezeichen enden sollte.
Die Bundeskanzlerin hat wieder mit den Ministerpräsidentinnen und ‑präsidenten beraten, wie lange es mit dem Corona-Lockdown weitergehen soll. Sie haben entschieden, dass der Lockdown bis deutlich in den März andauern soll.
Gähn. Wissen wir längst. Es gibt ja TV und neuerdings auch Internet. Ist das hier eine Nacherzählung in der siebten Klasse? Stilistisch – Bezug! – ist der zweite Satz ebenfalls Kappes. Merkt der aber nicht.
Das ist angesichts der Corona-Mutationen wohl richtig. Aber schon im Ansatz falsch. Jedenfalls in diesem allein auf die Zeit bezogenen Ansatz. So belastet viele Menschen im Land auch sind.
Äh, was? Dunkel ist der Worte Sinn. Das erscheint mir möglicherweise wohl richtig, vielleicht aber auch schon im Ansatz falsch. Jedenfalls in diesem allein auf die Botschaft bezogenen Ansatz. Fanta, Cola, Quark – alles für ’ne Mark.
Wichtiger, als sich über die Länge des Lockdowns zu streiten, ist die Antwort auf folgende Frage: Wie und wo öffnen wir. Nicht wann, sondern wie Deutschland öffnet, ist entscheidend und dann die Kontrolle der Öffnung. Das sollten wir aus der vergangenen – auf ganzer Linie gescheiterten – Öffnung gelernt haben.
Ja, und dann wäre da noch die Frage nach der Öffnung zu ventilieren. Also die Frage: Wie und wo öffnen wir? Also, wie man richtig öffnet. Und wo. Richtig bemerkt, hier steht am Ende ein – bingo! – Fragezeichen! Also, ich bin da für fast alles offen. Kontrolliert.
Und so geht das heillose Raunen und Schwurbeln noch viele, viele Zeilen lang weiter. Kraut und Rüben im Bielefelder Allerlei. Komplett ungenießbar.
Und dieser blamable Murks an prominenter Stelle des Blattes – ist ja immerhin angeblich ein Leitartikel – endet genauso konfus, wie er angefangen hat.
Erkenntnis I: Leicht verdientes Geld.
Erkenntnis II: Traue niemandem, der – unter anderem – nicht mal seinen eigenen Namen richtig schreiben kann. Ich nehme an, der zweite Vorname ist Peter. Aber das ist nur eine vage Ahnung.
Erkenntnis III: Warum eine gefinkelte Analyse abliefern, wo es offenbar reicht, einen vor Fehlern strotzenden »Text« hinzurotzen, und lustlos unter sich zu machen? Andererseits: Wo sollte das Niveau auch herkommen? »Eigengewächse« (Selbsteinschätzung des Kommentators) bleiben ja gerne mal zeitlebens etwas kümmerlich.
Erkenntnis IV: Wie ich seit Jahrzehnten immer mal wieder Anlass habe zu konstatieren: Es reicht nicht, keine Meinung zu haben. Man muss auch unfähig sein, sie aufzuschreiben.
Blattkritik ist übrigens ein ganz wichtiger Bestandteil bei der Qualitätssicherung in Tageszeitungen. Keine Ursache. Ich hab’s ja gern gemacht.
Anmerkungen
↑1 | Normalerweise bleibt mir der Quark erspart, aber nun war das E‑Paper wegen wetterbedingter Vertriebsprobleme für umme und ich habe reingeschaut. Ich hätt’s lassen sollen … |
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