Lippes Kliniken stehen vor noch unruhigeren Zeiten als schon bekannt. Gestern hat die Gesellschafterversammlung der Gesundheit Lippe GmbH sich mehrheitlich für eine einvernehmliche Trennung von Geschäftsführer Dr. Johannes Hütte zum 31. März 2025 ausgesprochen. Gleichzeitig hat sie Landrat Dr. Axel Lehmann als Vorsitzenden der Gesellschafterversammlung mit der Suche nach einer neuen Geschäftsführung bzw. eines Interim-Managements beauftragt. Das teilt Kreis-Pressesprecher Patrick Bockwinkel am Abend mit.
Interessant ist eine persönliche Erklärung von Landrat Lehmann, in der er sich auch von eigenen ParteifreundInnen distanziert. Lehmann: „Ich bedaure diese Entscheidung sehr und halte sie mit Blick auf die weitere Entwicklung unseres Klinikums und der medizinischen Versorgung der Lipperinnen und Lipper für grundfalsch. Obwohl auf die offensichtlich weitgehend im Alleingang vorgetragene Abberufungsforderung der beiden Parteichefs Brakhage (CDU) und Freiberger (SPD) tatsächlich kein entsprechender Antrag eingegangen ist, habe ich mich zum Handeln gezwungen gesehen. Nur so ist weiterer Schaden vom Klinikum und von der Person des Geschäftsführers abzuwenden.«
Hütte habe seit 2016 das Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich geführt. Er habe die Entwicklung vom Kreiskrankenhaus zum Universitätsklinikum mit allen damit verbundenen Verbesserungen in der medizinischen Versorgung maßgeblich mitgestaltet. Und er habe dringend nötige Investitionen in Bausubstanz und Medizintechnik umgesetzt.
Lehmann: »Trotzdem habe ich mich gezwungen gesehen, entgegen meiner eigenen Überzeugung, eine einvernehmliche Vertragsauflösung herbeizuführen, weil ein Geschäftsführer während des größten strukturellen Umbaus der gesamten deutschen Kliniklandschaft von einer breiten politischen Unterstützung getragen werden muss.«
»Wir wechseln jetzt mitten im Strom die Pferde. Und dieser Strom ist reißend: Deutschlandweit leiden die Kliniken unter erheblichem Personalmangel, 80 Prozent der Kliniken in Deutschland schreiben rote Zahlen, die Krankenhausreformen von Bund und Land zwingen Kliniken zu gewaltigen Struktur- und Prozessveränderungen, unsere Entwicklung zum Universitätsklinikum ist längst nicht abgeschlossen (bisher sind sieben von zwölf Lehrstühlen besetzt)«, so der SPD-Politiker Lehmann.
Und weiter: »Es stehen bauliche Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe an, und es warten komplexe Gespräche mit dem Land und der Ärztekammer über unsere Standortentwicklung und Fördergelder. Die erfolgreiche Entwicklung des Universitätsklinikums ist besonders wichtig, weil sie unmittelbaren Einfluss auf die künftige medizinische Versorgung der Menschen hat. Sie bringt junge, hoch qualifizierte Medizinerinnen und Mediziner nach Lippe. Nur so werden wir als überwiegend ländliche Region dem Ärztemangel im Klinikum aber auch in der Niederlassung begegnen können.«
Der Landrat mahnt: CDU und SPD trügen jetzt maßgeblich die Verantwortung für die weitere Entwicklung des Klinikums. Sie würden sich daran messen lassen müssen, ob die Neustrukturierung des Klinikums Lippe, die universitäre Weiterentwicklung, die notwendigen Bauprojekte und die wirtschaftliche Stabilisierung mit einer noch zu suchenden neuen Geschäftsführung gelingen.
Lehmann ist in Sorge: »Das gilt umso mehr, als eine zeitnahe und dauerhafte Wiederbesetzung auch aufgrund der anstehenden Kommunalwahl ungewiss ist. Während dem Klinikum Lippe eine eineinhalb jährige Hängepartie droht, werden sich benachbarte Häuser aktiv neu aufstellen und sich so Wettbewerbsvorteile und Fördergelder sichern. Aufgabe der lippischen CDU bleibt es trotzdem, die dringend benötigten Fördergelder in Düsseldorf bei ihrem Parteifreund Minister Laumann für das Klinikum Lippe locker zu machen.“