Windwahn: Und wieder ruhen alle Hoffnungen auf den Briten

Tor­na­do GR4 im Tief­flug in Wales (UK). Könn­te aber eben­so gut in der Sen­ne sein.

Mili­tä­ri­sche Inter­es­sen kön­nen der Errich­tung von Wind­ener­gie­an­la­gen ent­ge­gen­ste­hen, bei­spiels­wei­se wegen der Aus­wir­kun­gen auf mili­tä­ri­sche funk- und radar­tech­ni­sche Ein­rich­tun­gen oder die Flug­si­cher­heit. Der in § 2 EEG bestimm­te Vor­rang von erneu­er­ba­ren Ener­gien in den jeweils durch­zu­füh­ren­den Schutz­gü­ter­ab­wä­gun­gen gilt aus­drück­lich nicht gegen­über den Belan­gen der Lan­des- und Bündnisverteidigung.

LANUV-Fach­be­richt[1]Lan­des­amt für Natur, Umwelt und Ver­brau­cher­schutz Nord­rhein-West­fa­len

Wer auch immer es für eine gute Idee hielt, über dem Sil­ber­bach­tal bei Leo­pold­s­tal einen »Wind­park« mit 263 (!) Metern hohen Indus­trie­wind­an­la­gen zu pro­jek­tie­ren, bewegt sich offen­bar auf sehr dün­nem Eis. Denn obwohl jeder seit dem Ver­fah­ren um ähn­li­che Pla­nun­gen an der Gau­se­kö­te bei Ber­le­beck wis­sen dürf­te, dass das NATO-Mili­tär ein gewich­ti­ges Wört­chen mit­zu­re­den hat, machen die Pader­bor­ner Pla­ner und deren lip­pi­sche Auf­trag­ge­ber beim Lan­des­ver­band in ihrem Hun­ger auf EEG-Geld den­sel­ben Feh­ler noch ein­mal. Und wie­der gehen sie ins Risi­ko, dass ihnen die bri­ti­schen Streit­kräf­te unter Ver­weis auf mili­tä­ri­sche Übungs­er­for­der­nis­se der Luft­streit­kräf­te zum zwei­ten Mal einen Strich durch die Rech­nung machen.[2]Die Bri­ten ver­wal­ten nach NATO-Trup­pen­sta­tut den Trup­pen­übungs­platz. Sie haben also de fac­to das Sagen.

Die bei­den rele­van­ten Luft­sperr­ge­bie­te und deren Lage zu den pro­jek­tier­ten Indus­trie­wind­an­la­gen (WIA) bei Leopoldstal. 

Wie­der ist eine Flug­ver­bots­zo­ne nach Infor­ma­tio­nen des Pivit der Grund für ein mög­li­ches Schei­tern der Pla­nun­gen, die ohne­hin von der Stadt Horn-Bad Mein­berg und der Bür­ger­schaft geschlos­sen abge­lehnt wer­den. Wo zivil nicht geflo­gen wer­den darf, darf es aber sehr wohl das Mili­tär. Und der Trup­pen­übungs­platz Sen­ne­la­ger liegt in unmit­tel­ba­rer Nach­bar­schaft. Wie schon im Fall Gauseköte.

Der Flug­kor­ri­dor Sen­ne – Stadt­wald Horn (grün markiert).

In einer Höhe zwi­schen 250 und 500 Fuß über Grund – also etwa 80 bis 170 Metern – sind die in den Platz ein­flie­gen­den bzw. aus ihm her­aus­flie­gen­den Kampf­jets teils mit Außen­last ziem­lich schnell unter­wegs. Dass die Pilo­ten sich dort von den mit­ten im Weg ste­hen­den »Wind­rä­der­chen« ein klei­nes biss­chen gestört füh­len wür­den, ist unmit­tel­bar einsichtig.

Die Luft­sperr­ge­bie­te ED‑R 112A und ED‑R 112B in ver­schie­de­nen Vari­an­ten dargestellt.

Die­se soge­nann­ten ED‑R (hier im Fall Schlangen/Horn: 112‑A und 112‑B) gibt es über­all im (deut­schen) Luft­raum. Die­se Luft­sperr­ge­bie­te bezeich­nen Zonen, die erheb­li­chen Ein­schrän­kun­gen für die Luft­fahrt unter­lie­gen. Man­che sind dau­er­haft in Kraft, man­che kön­nen zeit­wei­se akti­viert und deak­ti­viert werden.

Der Kor­ri­dor für die­se Flug­ma­nö­ver zwi­schen Sen­ne und Horn ist zwi­schen drei und sechs Nau­ti­schen Mei­len breit. Schwer vor­zu­stel­len, dass die Bri­ten – oder eine ande­re NATO-Streit­macht – in die­sem Bereich oder sehr nah dar­an gigan­ti­sche Indus­trie­wind­an­la­gen des Typs E175 mit 175 Metern Rotor­mes­ser dul­den wer­den. Man soll­te sie dar­in bestärken.

Die­se wich­ti­gen Aspek­te, die in der öffent­li­chen Debat­te im Fall Sil­ber­bach­tal noch gar kei­ne Rol­le gespielt haben, soll­ten drin­gend von allen betei­lig­ten Behör­den gründ­lichst und unvor­ein­ge­nom­men geprüft wer­den. Wie lan­ge das auch immer dau­ern mag. So etwas ver­trägt kei­ne Eile.

Der Pivit meint es ja nur gut. Nicht, dass am Ende die gan­ze schö­ne Pro­jek­tie­rung wie­der für die Katz ist, weil jemand sei­ne Haus­auf­ga­ben nicht gemacht hat.

Hier wird in 250 bis 500 Fuß über Grund (AGL=Above Ground Level) geflo­gen – wesent­lich tie­fer als die Indus­trie­wind­an­la­gen hoch sind. Der Bereich zwi­schen Horn und Schlan­gen umfasst 3 bis 6 Nau­ti­sche Mei­len. Für einen Kampf­jet ist das nichts.

Anmer­kun­gen

Anmer­kun­gen
1 Lan­des­amt für Natur, Umwelt und Ver­brau­cher­schutz Nordrhein-Westfalen
2 Die Bri­ten ver­wal­ten nach NATO-Trup­pen­sta­tut den Trup­pen­übungs­platz. Sie haben also de fac­to das Sagen.

2 Kommentare

  • Wie pein­lich muss es für einen Lan­des­ver­bands­vor­ste­her sein, wenn ihm nach­ge­wie­sen wird, dass er sei­ne Schul­auf­ga­ben nicht gemacht hat. Auch Nach­sit­zen nützt da wenig. Es geht schlicht um die Tat­sa­che, dass gesetz­li­che Vor­ga­ben nicht beach­tet wer­den und dar­über hin­aus sogar die gesetz­li­che Grund­la­ge für den Bestand der Ein­rich­tung ver­letzt wird.

  • Ein kla­rer Fall von Fehlplanung

    Es wäre doch so ein­fach: Wind­kraft­an­la­gen dort bau­en, wo der Regio­nal­plan dies vor­sieht – und nicht dort, wo es irgend­ei­nem Inves­tor gera­de passt. Als Pri­vat­per­son muss man sich schließ­lich auch an Bau­vor­schrif­ten hal­ten. War­um soll­ten für Groß­pro­jek­te wie Wind­kraft­an­la­gen ande­re Regeln gelten?

    Beson­ders absurd wird es, wenn man bedenkt, dass NRW, spe­zi­ell der Kreis Lip­pe, die EU-Vor­ga­ben für alter­na­ti­ve Ener­gien längst erfüllt hat. Noch dazu gilt wei­ter­hin die kla­re Regel: Kei­ne Wind­kraft­an­la­gen im Wald. Wie schwer ist das zu ver­ste­hen? Aber nein, statt­des­sen wird auf Teu­fel komm raus geplant, igno­riert und riskiert.

    Und wenn dann die Bri­ti­schen Streit­kräf­te oder ande­re NATO-Ver­bün­de­te auf­grund mili­tä­ri­scher Übungs­räu­me den Dau­men sen­ken, ist das Gejam­mer groß. Dabei wäre es mit ein wenig Pla­nung und Rück­sicht so leicht ver­meid­bar gewe­sen. Statt­des­sen wird die Ver­ant­wor­tung auf Behör­den abge­scho­ben, und Antrag­stel­ler beschwe­ren sich über lan­ge Genehmigungszeiten.

    Übri­gens: Ein Antrag muss voll­stän­dig und mit allen erfor­der­li­chen Unter­la­gen ein­ge­reicht wer­den. Ver­su­chen Sie mal, als pri­va­ter Bau­herr nur die Hälf­te der Doku­men­te vor­zu­le­gen und sich dann zu beschwe­ren, dass die Geneh­mi­gung auf sich war­ten lässt. Viel Glück damit!

    Viel­leicht soll­ten sich die Pla­ner weni­ger auf EEG-Sub­ven­tio­nen und mehr auf die recht­li­chen und logis­ti­schen Rea­li­tä­ten kon­zen­trie­ren. Wind­kraft ist wich­tig, aber nicht um jeden Preis – und schon gar nicht gegen gel­ten­de Vor­schrif­ten und Inter­es­sen der Allgemeinheit.

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