Vielleicht sollten die fürstlichen Privilegien in Lippe einmal überdacht werden

Der angeb­lich »deva­stier­te« Wald im Teuto.

Der nach wie vor ange­streb­te Bau von 13 gigan­ti­schen »Wind­rä­dern« bei Det­mold, den die Pader­bor­ner Fir­ma West­fa­len­Wind (Lack­mann) für den Det­mol­der Prin­zen Herrn Lip­pe plant, stößt nach wie vor auf größ­te Skep­sis, um nicht zu sagen: Ableh­nung. Wie der nach­fol­gen­de Leser­brief im loka­len Käse­blatt belegt, den auch der Kie­bitz dru­cken darf. 

Er ist eine Replik auf ein »Inter­view« („Wir spü­ren den Kli­ma­wan­del täg­lich“) mit dem wirt­schaft­li­chen Nutz­nie­ßer der gewal­ti­gen Natur­zer­stö­rung auf dem Kamm des Teu­to­bur­ger Wal­des. Das Pro­jekt ist der Ver­such, eine nicht nach­hal­ti­ge, fata­le Wald­wirt­schaft mit einer eben­falls nicht nach­hal­ti­gen, fata­len Indus­tria­li­sie­rung des Wal­des und der Natur zu »hei­len« – bes­ser gesagt: zu kom­mer­zia­li­sie­ren. Weil es halt gera­de unheim­lich lukra­tiv ist.

Es wird mit der Angst der Men­schen gespielt. Natür­lich sehen wir alle den Kli­ma­wan­del immer stär­ker als Bedro­hung. Natür­lich brau­chen wir auch im Ener­gie­sek­tor nach­hal­ti­ge Lösun­gen. Aber wir brau­chen auch drin­gen­der als jemals einen sta­bi­len Wald für den Kli­ma­schutz. Eine erhal­te­ne Natur zur Nah­erho­lung. Unse­re Wan­der­we­ge für den Deutsch­land­tou­ris­mus. Einen gesun­den Boden im Bereich unse­rer immer wich­ti­ger wer­den­den Trinkwassergewinnung.

Die größ­ten Onshore-Wind­kraft­wer­ke der Welt will das Ober­haupt des Hau­ses Lip­pe direkt an den Orts­rand von Det­mold stel­len. Mit­ten in unser Trink­was­ser­ge­win­nungs­ge­biet. Mit­ten in unser Nah­erho­lungs­ge­biet. Mit­ten in das Vogel­durch­zugs­ge­biet. Mit­ten in die Natur. War­um tut er das?

Was wür­den Sie für eine Pacht­ein­nah­me von weit über 1 Mil­li­on Euro jähr­lich tun? 

Ich müss­te mich ver­mut­lich auch sehr bemü­hen, mei­ne mora­li­schen Grund­wer­te nicht über den Hau­fen zu wer­fen. Ste­phan zur Lip­pe scheint die­se Fra­ge für sich beant­wor­tet zu haben.

Anders kann man sich die Ant­wor­ten auf die Fra­gen des Jour­na­lis­ten wohl nicht erklä­ren. Als Vor­sit­zen­der der Adolf-Dep­pe-Stif­tung, deren Zweck es ist „den Natur- und Arten­schutz“ in Lip­pe zu för­dern, muss man mora­lisch schon sehr fle­xi­bel sein, wenn man das Grün­dungs­pro­jekt der Stif­tung – die Det­mol­der Adler­war­te – für die Ein­nah­men durch den Bau von Wind­kraft­wer­ken gefährdet. 

Damit aber nicht genug. Er macht schon jetzt die Falk­ner dafür ver­ant­wort­lich, soll­te einer der sel­te­nen Vögel sich nicht an die Regeln hal­ten und geschred­dert wer­den. Aber „Unglü­cke gebe es eben immer wie­der“. So spricht der Stif­tungs­vor­sit­zen­de über Euro­pas bekann­tes­te Adler­war­te, einen Anzugs­punkt für Tou­ris­ten in Det­mold und Teil unse­rer Heimatkultur. 

Es gebe »kein ver­brief­tes Recht, dass alles so bleibt, wie es ist“ sagt Ste­phan zur Lip­pe. Das stimmt wohl. Aber für jeman­den, des­sen Fami­lie seit Jahr­hun­der­ten den Wald der Men­schen wirt­schaft­lich aus­beu­tet, nur weil es ein altes Adels­recht dar­auf gibt, ist das schon eine gewag­te Aus­sa­ge. Viel­leicht soll­ten die­se fürst­li­chen Pri­vi­le­gi­en ein­mal über­dacht wer­den. Sie haben nicht nur den Natur­park ver­hin­dert, damit wei­ter­hin Fich­ten-Mono­kul­tur ange­baut wer­den kann. Die­se Nut­zungs­pri­vi­le­gi­en gefähr­den jetzt unse­ren Nah­erho­lungs­wald durch den Bau von rie­si­gen Kraftwerken. 

Es wäre wirk­lich sehr wün­schens­wert, wenn Ste­phan zur Lip­pe sei­ne Rol­le als Nach­fah­re des Fürs­ten­hau­ses wahr­nimmt, die Hei­mat der Men­schen – die er auch im Namen trägt – schützt und für sie ein­tritt anstatt Umwelt­schutz­grün­de vor­zu­schie­ben, um Pro­fi­te zu gene­rie­ren. Wie wäre es bei­spiels­wei­se mit der För­de­rung alter­na­ti­ver Pro­jek­te, die Hand in Hand mit den Men­schen gehen? Ande­re Län­der machen es uns vor: Es gibt vie­le Alter­na­ti­ven zur Zer­stö­rung von Wald um umwelt­freund­lich Ener­gie zu gewinnen.

Der Wider­stand gegen die Aus­beu­tung und Zer­stö­rung unse­res Wal­des ist nicht ver­schwun­den. Er wird gera­de durch den zuneh­mend spür­ba­ren Kli­ma­wan­del grö­ßer. Wir Lip­per lie­ben unse­re Hei­mat, und dazu gehört auch unser Teu­to­bur­ger Wald.

Els H. Serafin

Immer­hin besteht Hoff­nung, dass die Wün­sche der lip­pi­schen Bevöl­ke­rung nicht völ­lig igno­riert wer­den. Schließ­lich sitzt der lang­jäh­ri­ge Chef der Det­mol­der Adler­war­te in Ber­le­beck jetzt im NRW-Land­tag und wird zwei­fel­los alles tun, dass die Natur in Lip­pe und welt­be­rühm­te Ein­rich­tun­gen nicht den frag­wür­di­gen Inter­es­sen Ein­zel­ner geop­fert wird.

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